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Ritterschlag

Auszug aus HALALI November – Januar
HALALI-Autor Dr. Wolfgang Fleck

Im niedersächsischen Garlstorf baut Franz Ritter feine 98er-Repetierbüchsen. Er ist einer der wenigen Meister seiner Zunft, die das Büchsenmacherhandwerk noch ganzheitlich begreifen. Er versteht sich gleichermaßen auf die beiden Grundwerkstoffe des klassischen Waffenbaus: Metall und Holz.

 

Wie kaum eine andere Epoche ist die Moderne geprägt durch eine rationelle Produktionsweise, die auf der Idee der Arbeitsteilung aufbaut. Sie ermöglicht höchste Effizienz durch Spezialisierung. Die Engländer beginnen in diesem Sinn die Kunst des Waffenbaus schon früh zu reorganisieren und verteilen die Tätigkeiten des Büchsenmachers auf vier Spezialisten: Stocket, Lockmaker, Barrelmaker und Finisher. Dies mag die Evolution von Virtuosen ihrer jeweiligen Disziplin befördern, führt aber zu einem Schwund der Generalisten. Auch in Deutschland sind Alleskönner mittlerweile die Ausnahme geworden.

Die Holzarbeiten etwa werden von vielen Manufakturen an externe Schäfter vergeben. Doch Franz Ritter ist einer von jenen wenigen Büchsenmachern, deren Liebe nicht nur dem Stahl, sondern auch dem Holz gilt.

 

ALTE SCHMIEDE
Wer am Telefon oder im Laden ein norddeutsches „Moin“ von Ritter erwartet, ist überrascht. Sein Timbre klingt nach tiefem Süden — und das ist kein Wunder: Ritter ist Österreicher; er stammt aus der Buckligen Welt, der hügeligen Region zwischen Graz und Wien. Seine Begeisterung fürs Tüfteln und Basteln lässt bei ihm schon früh einen Berufs-wunsch reifen: Er will Büchsenmacher werden. Glücklich ist, wer seine Berufung so klar spürt und ihr folgen kann. Ritter lässt sich in Ferlach ausbilden und geht nach seinem Abschluss zu Münch nach Aachen, arbeitet dann einige Jahre bei W. & O. Dittmann, erwirbt anno 2005 den Meistertitel und macht sich 2011 selbstständig…

Mehr Info: https://halali-magazin.de

 


 

„Erst der Schaft schafft die Persönlichkeit“

Franz Ritter ist Büchsenmacher mit einem Kundenkreis aus ganz Europa. 

Jäger schätzen die maßgefertigten Waffen des gebürtigen Österreichers, der sein Ein-Mann-Unternehmen in Garlstorf hat.

Garlstorf. Seine Ausgangsmaterialien sind Stahlrohlinge und ein Holzklotz. Was Franz Ritter in vielen Arbeitsstunden daraus fertigt, liegt perfekt in der Hand, schmiegt sich an die Schulter, funktioniert mit großer Präzision und ist ebenso wertvoll, wie gefährlich. Franz Ritter ist Schlosser, Dreher, Mechaniker, Graveur, Holzschnitzer und Tischler in einem und dazu noch ein bisschen Optiker und Orthopädietechniker: Er ist Büchsenmacher.

Die Büchsenmanufaktur Ritter befindet sich mitten im Kern von Garlstorf in der alten Dorfschmiede. Meister Ritter ist sein eigener Chef und gleichzeitig sein einziger Angestellter. Die Büchsenmanufaktur ist ein Ein-Mann-Betrieb. Sein Lächeln ist freundlich und fröhlich, sein Händedruck fest. Ritter ruht in sich selbst. Er ist zufrieden mit seinem Leben.

Franz Ritter - Foto: Lars Hansen
Franz Ritter – Foto: Lars Hansen

Ausbildung

„Mir war ab dem neunten Schuljahr klar, dass ich Büchsenmacher werden wollte“, sagt der gebürtige Österreicher. Die neunte Klasse ist in Österreich das letzte Pflichtschuljahr für alle Schüler, die keine Hochschulreife anstreben.

Das Jahr wird gezielt zur Berufsvorbereitung genutzt. „Ich wollte nicht das Gleiche machen, wie alle anderen und habe mich umgesehen“, sagt Franz Ritter. „So bin ich auf die Berufsfachschule für Büchsenmacher in Ferlach gestoßen. Die Vielfalt dessen, was man dort lernt, hat mich angesprochen.“

Franz Ritter absolvierte sein neuntes Schuljahr an der Fachschule und machte danach dort seine Berufsausbildung. „In Deutschland hat das Büchsenmacherhandwerk eine klassische duale Ausbildung mit Lehrbetrieb und Berufsschulblock, in Österreich bleibt man an der Fachschule“, sagt er.

Fertig ausgebildet und mit absolviertem Wehrdienst suchte Franz Ritter eine Anstellung und fand sie in Aachen. Als er von dort weiter wollte, empfahl im sein Meister, nicht nach Österreich zurück zu gehen, sondern seine Kenntnisse in Deutschland zu vertiefen. So kam Franz  vor 20 Jahren nach Garlstorf; im Jahre 2005 machte Franz Ritter seine Meisterprüfung.

Original Ritter Jagdwaffen

Wenn er eine Waffe baut, beginnt er mit dem System. Das sind die mechanischen Komponenten, die dafür sorgen, dass der Druck des Schusses nur nach vorne in den Lauf entweichen kann. darauf wird das Gewehr aufgebaut: Abzug, Ladetechnik und Lauf kommen zusammen. Bis auf den Lauf fertigt Franz Ritter alle Teile von Hand.

Auch die Läufe sind ein Handwerksprodukt, allerdings nicht von ihm. Eine spezialisierte Firma beliefert Büchsenmacher in ganz Deutschland mit Büchsen- und Flintenläufen. „Dafür braucht man eine Spezialmaschine, die sich für kleine Betriebe nicht lohnt“, sagt Ritter. Wenn er die Komponenten zusammengefügt hat, geht die rohe Waffe „in den Beschuss“, quasi zum Gewehr-TÜV.

Erst, wenn das Beschussamt festgestellt hat, dass die Waffe keine Undichtigkeiten oder sonstigen Gefahrenquellen aufweist, wird sie registriert und zugelassen. Nun macht sich Franz Ritter daran, den Schaft zu fertigen.

Das Schäften ist meine Lieblingsarbeit

„Das Schäften ist meine Lieblingsarbeit“, sagt der 41-jährige Handwerksmeister. „Erst der Holzschaft macht ein Gewehr elegant und verleiht ihm Persönlichkeit.“ Die Eleganz alleine ist dabei jedoch nicht entscheidend: Jedes Gewehr ist eine Maßanfertigung, die der Büchsenmacher dem Kunden quasi auf den Leib schnitzt. „Oft treffe ich mich mit einem Kunden zwei- oder dreimal, um überhaupt einen Eindruck von ihm und seinen Wünschen zu bekommen“, sagt Franz Ritter.

„Erst dann fange ich an, mit ihm zusammen die Waffe zu entwerfen.“ Dazu nimmt Ritter Maß: Die Hände des Kunden werden vermessen, die Armlänge, die Schultern, der Augenabstand. Am Ende ist die Waffe dem Kunden so angepasst, dass sie wie ein Körperteil ihres Besitzers wird.

„Das ist auf der Jagd manchmal entscheidend und bringt den entscheidenden Sekundenbruchteil oder das entscheidende Quantum Präzision“, sagt Ritter. Um diese Präzision zu erreichen, wird die Waffe dem Kunden während der Produktion immer wieder neu angepasst, so wie man auch für einen Maßanzug mehrere Anproben braucht. „Erst, wenn die Waffe perfekt in der Hand liegt, fange ich an, das Walnussholz einzuölen“, sagt Ritter.

Kunden aus ganz Europa

Je nach Technik und Ornament stecken in einem Gewehr zwischen 100 und 300 Arbeitsstunden. Das hat seinen Preis. Allerdings hat Ritter mittlerweile einen so guten Ruf, dass solvente Kunden aus ganz Europa kommen, um sich hier ihr Maßgewehr fertigen zu lassen. Darüber hinaus repariert er auch Gewehre und schäftet alte Gewehre neu ein. „Ich mache aber nur Langwaffen für die Jagd“, sagt Ritter.

Wenn alles gut läuft, ist die Waffenmanufaktur Ritter nicht mehr lange ein Ein-Mann-Betrieb. Sohn Dominik hat seinem Vater schon seit dem 14. Lebensjahr in seiner freien Zeit geholfen und besucht derzeit die Fachschule in Ferlach. Wenn er wiederkommt, heißt die Firma vielleicht Ritter und Sohn. Aber erst einmal lernt Dominik schlossern, schnitzen, drehen, messen, gravieren und sägen – um, wie sein Vater, aus ein paar Metallrohlingen und einem Klotz Walnussholz ein hochwertiges Gerät zu machen.

von Lars Hansen 18.09.2014
Mit freundlicher Genehmigung des Hamburger Abendblatt

Hamburger Abendblatt

Ritter Büchsenmanufaktur im Hamburger Abendblatt
Ritter Büchsenmanufaktur im Hamburger Abendblatt

http://www.abendblatt.de/hamburg/harburg/article132356980/Erst-der-Schaft-schafft-die-Persoenlichkeit.html